Mehr kulturelle Vielfalt für Münster
Wie verwandelt man ein Abwasserpumpwerk in ein Theater? Diese und viele andere Fragen stellten sich Beate Reker und ihre Mitstreiter der Theaterinitiative Münster als sie 1984 vor dem Umbau des denkmalgeschützten Hauses in eine Kulturstätte standen. Die Antwort: Viel gemeinschaftliche Arbeit. „Dazu gehörte sowohl das Ausschachten und Streichen des Kellers und das Streichen des Deckengewölbes, als auch das Rausreißen des alten Bodens“, erinnert sich die Schauspielerin. Besonders das Wahrzeichen des Pumpenhauses stellt eine Herausforderung dar: „Eine der Hauptaktionen war, die unglaublich schweren Pumpen aus dem Vorstellungsraum zu bewegen und draußen aufzustellen.“
Von dem fünfzehnköpfigen Team, in dem viele unterschiedliche Talente zusammenkommen, werden aber nicht nur handwerkliche Fähigkeiten verlangt. „Wir mussten auch mit Politik und Verwaltung im Gespräch bleiben und uns natürlich überlegen, womit wir das Haus künstlerisch eröffnen wollen.“ Beate Reker, die einen Abschluss in Pädagogik hat, kam über das Kreativhaus in Münster mit der Theaterszene in Berührung. Dort wurden damals viele Workshops rund um’s Theater angeboten und so kam der Kontakt zu Gleichgesinnten zustande. Der Weg zu ihrem Engagement für das Pumpenhaus war dann nicht mehr weit.
Die Motivation, um ein solches Projekt auf die Beine zu stellen, erklärt sie so: „Uns war allen klar, dass man damit nicht reich wird. Aber wir hatten die Möglichkeit, das zu tun, was wir wollten.“ Dazu gehörte nicht nur die Zusammenarbeit mit Regisseuren unterschiedlichster Couleur, sondern auch selbst, mit der Gruppe, Stücke auf die Bühne zu bringen oder Themen auszusuchen, die einem am Herzen liegen. „Auf gewisse Weise war das ein Reich der Freiheit, in dem wir angekommen waren. Wir konnten uns ausprobieren.“ Das habe mal mehr, mal weniger gut geklappt. Trotzdem ist es genau dieser Mut zum Experimentieren, der das Pumpenhaus zu einem Gegengewicht zum institutionellen Theater in Münster macht und damit die Kulturlandschaft der Stadt bereichert.
Wenn Beate Reker an die Anfangszeit des Theaters im Pumpenhaus zurückdenkt, ist sie stolz: „Es war ein tolles, begeisterungsvolles Gefühl, eine eigene Spielstätte zu haben.“ Dies ist umso mehr der Fall, da das Vorhaben lange auf wackligen Beinen stand. Es habe verschiedene Bewerber bei der Stadt für das alte Pumpwerk gegeben, die Theaterinitiative einer von ihnen. „Da ist im Vorfeld unglaublich viel Organisationsarbeit und ehrenamtliches Engagement reingeflossen. Man musste ja Politik und Verwaltung überzeugen, dass das nicht irgendeine verrückte Idee war, sondern Hand und Fuß hatte“, erzählt Reker. Der Einsatz wird belohnt: Im Mai 1985 kann das Pumpenhaus als erstes freies Theater in Nordrhein-Westfalen eröffnet werden – natürlich mit einem Stück von einem Münsteraner Autor.
Die damalige Zeit habe bei der Gründung eine große Rolle gespielt, sagt Reker. Es herrschte eine Aufbruchsstimmung; es gab viel Raum, Neues auszuprobieren. Heute stelle sie es sich schwieriger vor, dass so ein Projekt wie das Pumpenhaus Unterstützung fände. Das Theater selber ist mittlerweile in Münster etabliert. Der Geist, immer wieder etwas zu wagen und etwas zu sagen zu haben, ist aber geblieben. Beate Rekers Meinung nach, sei das auch das beste Rezept, um selbst Kulturskeptiker ins Theater zu locken.