Der Vogelschutz als Lebensaufgabe
Wenn es um heimische Vogelarten geht, ist Peter Hlubek Experte. Der Rentner ist erster Vorsitzender des Naturschutzbundes Münster e.V. (kurz: NABU) und dort in der AG Vogelschutz aktiv. Die Aufgaben sind vielfältig und reichen vom Vögel zählen über Nistplatzbau bis zu Öffentlichkeitsarbeit und Gesprächen mit Politik und Verwaltung. Doch diese Arbeit ist für Hlubek nicht nur Zeitvertreib, sondern eine Herzensangelegenheit, die ihn schon sein ganzes Leben lang begleitet. Angefangen hat alles im Berlin der 50er-Jahre. In der Stadt, im Zweiten Weltkrieg größtenteils zerstört und noch nicht vollständig wieder aufgebaut, herrscht hohe Arbeitslosigkeit. Diese trifft auch Hlubeks Großvater, der eigentlich Polsterer ist und sich mit einem heute ungewöhnlichen Nebenjob über Wasser hält. „Es war damals nicht unüblich, heimische Singvögel zu fangen und sie an zoologische Geschäfte zu verkaufen. Mein Großvater hat sich also einen Vogelfangschein bei der Behörde besorgt und ist losgezogen.“ Peter Hlubek kommt oft mit auf diese Streifzüge. Und lernt als damals Sechsjähriger eine ganze Menge über die gefiederten Tiere. So kennt er fast alle Fangarten, die es für Vögel gibt und kann sie nicht nur am Aussehen, sondern auch an ihren Stimmen und Habitaten erkennen. Der Umgang mit den Tieren macht dem jungen Hlubek so viel Spaß, dass es nicht mehr nur beim Fangen bleibt: „Wir hatten einen großen Garten und ich habe mit meinem Großvater zusammen angefangen, selbst Nistkästen zu bauen.“
Von da an ist der Weg zum Vogelschutz fast schon vorgezeichnet. In den 80er-Jahren nimmt Hlubek, der mittlerweile in Münster wohnt, an einer Vogelstimmenwanderung des NABU teil und beeindruckt so sehr mit seinem Wissen, dass er spontan gefragt wird, ob er sich nicht engagieren möchte. Das tut Peter Hlubek seitdem gerne. Auch wenn seine Arbeit inzwischen einen traurigen Beigeschmack bekommen hat: „In den letzten 30 Jahren ist ein Großteil der feldbewohnenden Vogelarten hier in Münster drastisch zurückgegangen. Drei Arten – die Gartenamme, die Haubenlerche und der Gartenrotschwanz – sind mittlerweile ausgestorben, über zwanzig sind schwer bedroht.“ Dabei waren zumindest die letzten beiden Arten vor ein paar Jahrzehnten noch überall zu finden. Die Gründe dafür seien menschengemacht, so Hlubek. „Schuld ist unsere Ordnungssucht. In den Gärten finden Sie nur noch Rasen, der vier Zentimeter hoch ist, jedes Gänseblümchen wird ausgerupft.“ Dazu käme, dass immer öfter exotische Blumen und Bäume angepflanzt werden, von denen sich einheimische Insekten nicht mehr ernähren könnten. „Und wenn die Insekten als Nahrungsgrundlage wegfallen, haben die Vögel als Endverbraucher auch nichts mehr“, so Hlubek.
Dies ist der Grund, warum der Naturschützer seiner Arbeit mit gemischten Gefühlen gegenübersteht. Einerseits macht ihm der praktische Vogelschutz immer noch viel Spaß, andererseits steht er dem Artensterben relativ hilflos gegenüber. „Wir Umweltverbände können nur Mahner und Warner sein. Wirklich etwas verändern kann nur die Politik.“ Für die habe Vogelschutz aber selten oberste Priorität.
Es gibt jedoch auch Momente, an die Peter Hlubek gerne denkt. Wie zum Beispiel die jährliche Gruppenfahrt der AG Vogelschutz an Orte, wo seltene Vogelarten noch vorkommen. „Letztes Jahr im Mai waren wir im Ochsenmoor in Niedersachsen. Dort wurde ein fantastischer Lebensraum für Wiesenvögel geschaffen. Das ist schon etwas Besonderes und hat allen viel Spaß gemacht.“ Für seinen Lieblingsvogel, die Blauracke – der farbenprächtigste europäische Vogel, der aussieht als hätte man ihn mit Wasserfarben gemalt – ist Peter Hlubek schon in die Steiermark und sogar nach Südfrankreich gereist. In Deutschland ist die Art seit den 90er-Jahren ausgestorben. Dafür, dass nicht noch mehr Vögel das gleiche Schicksal teilen, setzt sich Peter Hlubek ein, schon fast ein Leben lang.