Morgens 7 Uhr an der Hauptschule Hiltrup
Morgens, 7 Uhr: Ein mit Liebe gedeckter Tisch, leckeres Frühstück, warme Getränke und Gesellschaft warten in der Hauptschule Hiltrup auf hungrige Schüler. So kurz vor dem Unterricht freuen sich täglich ca. 30 Kinder auf diese erste, gemeinsame Mahlzeit am Tag, die von ehrenamtlichen Helferinnen liebevoll zubereitet wird. Für viele von ihnen ist dies die einzige Möglichkeit, sich vor Beginn der Schule erst einmal zu stärken.“ „Man hört häufi g und immer wieder, dass gut 30 Prozent der Schüler nach wie vor mit leerem Magen zur Schule kommen, das muss man sich einmal vorstellen,“ erzählt Hans-Werner Kleindiek, und das auch noch nach acht Jahren Engagement der Frühstücksinitiative des Vereins Jugendhilfe Direkt e.V..
Der Verein Jugendhilfe Direkt e.V. setzt sich seit 1984 für die Jugendlichen ein, die Unterstützung und Förderung unterschiedlicher Art benötigen. Der Vorstand, bestehend aus fünf ehrenamtlichen Mitgliedern, entschloss sich zügig, ein Frühstück für die Schüler in der Hauptschule Hiltrup anzubieten. Dank der Hilfe vieler Sponsoren und dem außerordentlichen Engagement der etwa zwölf Helferinnen, die seit Beginn abwechselnd jeden Morgen ganz für die Kinder da sind und das morgendliche Geschehen lenken und leiten, kann die Belastung zum Glück auf viele Schultern verteilt werden. So funktioniert das Prinzip erfolgreich seit bereits acht Jahren. Neben der Frühstücksinitiative stellt Jugendhilfe Direkt e.V. vor allem auch Weichen in Richtung Zukunft der Jugendlichen. So werden beispielsweise Bewerbungstrainings mit den Schülern in Kooperation mit Unternehmen durchgeführt. Dabei lernen sie mit fachlicher Unterstützung Bewerbungsunterlagen zusammenzustellen und gezielte Bewerbungsgespräche zu führen. Sie erhalten nicht nur Hilfestellungen, sondern werden durch diese Maßnahmen in die Lage versetzt, sich intensiv und konstruktiv mit dem Berufswahlprozess auseinander zu setzen. Dabei helfen auch Praktika, Langzeitpraktika und das alle zwei Jahre stattfi ndende Berufsforum. Wann immer Schüler Hilfe benötigen, wird sie ihnen zuteil. Das gilt auch für die Zeit nach dem Schulbesuch. Wenn es also mit dem Besuch der weiterführenden Schule oder der Ausbildung nicht klappt, fi nden sie auch weiterhin jederzeit im Verein ein off enes Ohr für die Probleme. Hans-Werner Kleindiek kennt sich aus: Er war Personalleiter und hat sich über 30 Jahre zusätzlich mit der Aus- und Weiterbildung beschäftigt. „Für mich muss Jeder seine Chance bekommen. Nicht in einer Chancengleichheit – die kann es nicht geben – aber in einer Chancengerechtigkeit. Wir helfen allen, ganz gleich, welcher Nationalität, Hautfarbe, Religion, das ist völlig egal“, resümiert er den Einsatz und die Unterstützung aller Freiwilligen im Verein. „Bei uns geht es in erster Linie darum, den Jugendlichen zu helfen, den Schulabschluss zu schaff en, in eine Ausbildung zu kommen und dann ihren Weg zu fi nden.“ An diesen Strukturen hält der Verein bis heute fest. Dennoch orientiert sich der Verein auch immer an den neuen Anforderungen der Schüler, der Schulen und Betriebe und wächst mit ihnen. So haben sich im Laufe der Jahre neben der Hilfestellung für die Berufswelt auch eine Hausaufgabenbetreuung und ein Nachhilfeunterricht etabliert. Seit 1995 wird durch die intensive und frühzeitige Betreuung der Schüler die benötigte individuelle Hilfestellung beim Übergang in den Beruf sichergestellt. Somit geht kein Jugendlicher im Rahmen des Übergangsprozesses verloren und alle Schüler der Hauptschule Hiltrup sind beim Schulabschluss entsprechend versorgt. „Außerdem ist es wichtig, dass vor allem auch die Sozialkompetenz der Schüler gestärkt wird. In der Gesellschaft, so Kleindiek, gebe es heute schon lange keine geeigneten Vorbilder mehr. „Die Kinder sind das Wichtigste für uns und die Zukunft. Sie sind im Prinzip unser Spiegelbild. Wenn wir als Erwachsene über die Kinder meckern, dann müssen wir erst einmal in den Spiegel gucken und fragen, wo haben ich oder unsere Gesellschaft einen Fehler gemacht?“ Kleindiek, der selber drei Kinder hat, will die Jugendlichen ermutigen, ihren eigenen Weg zu fi nden und zu gehen – egal ob über Abitur, Ausbildung oder ein Studium. Er weiß: „Wenn Jugendliche sich in einen Beruf einbringen, erbringen sie eine entsprechende Leistung und dienen damit der ganzen Gesellschaft. Wenn wir das erreichen, haben wir eine wichtige Basis geschaff en.“ Den Jugendlichen muss erst einmal klar werden, dass sie eine Chance haben. Und diese Chance fängt für Kleindiek und für die Schüler bereits beim täglichen, gemeinsamen Frühstück an.
Liza Baudisch