„Münster hat mich eingefangen“
„Münster hat mich eingefangen“, sagt Werner Bandle, und dass Münster zu den lebenswertesten Städten der Welt gehöre, könne er nur unterschreiben. Insofern war es für den gebürtigen Stuttgarter, der als BASF-Manager viele Städte kennengelernt hat, keine Frage, wo er nach seiner Pensionierung leben wollte: „Für uns war klar: Wir werden hier in Münster bleiben.“ Verständlich, so möchte man hinzufügen – zumal er selbst nach Kräften dazu beigetragen hat, diese Stadt noch lebenswerter zu machen.
Werner Bandle kam 1987 nach Münster, als Vorstandsmitglied der BASF Coatings GmbH in Hiltrup. Und wurde gleich mit einer Aufgabe betraut, die trotz langjähriger Managererfahrung absolutes Neuland für ihn war: „Sie sind der jüngste im Vorstand“, so wurde ihm damals bedeutet, „Sie haben noch die meisten Freiräume – und können sich deshalb mal um das Museum kümmern.“
BASF hatte im Zuge einer Firmenübernahme eine große Lackkunst-Sammlung „geerbt“, eine weitere später aufgekauft – und war dabei die Verpflichtung eingegangen, die Kunstwerke der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Münster war als Museums-Standort damals nicht erste Wahl, so Bandle. Vielmehr hab es Überlegungen gegeben, das Overstolzen-Haus in Köln anzumieten. Da kam der Zufall zu Hilfe: In Münster wurde durch den Umzug des Stadtmuseums ein Museumsgebäude frei – die Gerling-Villa an der Engelenschanze. So konnte Bandle die lackierten Schätze nach Münster holen. „Das sind ja richtig schöne Sachen“, staunte damals einer der Stadtväter. „Die hatten wohl gedacht, wir stellen da alte Farbdosen aus“, erinnert sich Bandle schmunzelnd.
Das 1993 eröffnete Museum für Lackkunst ist eine glänzende Bereicherung für die münsterische Museumslandschaft. Und überdies ein Haus mit internationalem Renommee. Bandle ist dem Museum noch heute über den Freundeskreis verbunden, 2013 hat er als Herausgeber einer Festschrift („Lacklegenden“) fungiert.
Mit besonderem Engagement übernahm Werner Bandle auch eine andere Aufgabe, von der die Stadtgesellschaft profitierte. Der Anstoß dazu kam von dem Hiltruper Hans Werner Kleindiek, der sich vorgenommen hatte, benachteiligten Jugendlichen beim Einstieg in die Berufswelt zu helfen. Er konnte Bandle und die BASF für ein gemeinsames Projekt mit der Hiltruper Hauptschule und die Finanzierung einer Sozialpädagogin begeistern. Unter dem Motto „Brücke zum Beruf“ sollten möglichst viele Jugendliche zum Schulabschluss geführt werden, die anderen eine zweite Chance in einem berufsvorbereitenden Praktikum bekommen. So war Bandle schon „im Stoff“, als der BASF-Vorstandsvorsitzende Strube eine Weile später zusammen mit anderen Konzernchefs die „Initiative für Beschäftigung“ ausrief und die EU neue Förderungsprojekte auflegte. Nach der Devise „Was wir hier gemacht haben, müsste doch auch woanders funktionieren“ wurde die Hiltruper Initiative zum Modellfall – zum „Hiltruper Modell“. Bandle agierte in einem sehr aktiven Netzwerk mit vielen Mitwirkenden in Schulen, Stadtverwaltung und Bezirksregierung – und begleitete das Projekt auch noch einige Jahre nach seiner Pensionierung: „Das war fast ein Fulltime-Job.“
Der heute 76-Jährige war überdies auf etlichen anderen Feldern aktiv. Er gehörte zu den Mitbegründern der Initiative „Industrie in Münster“, engagierte sich in der Wirtschaftlichen Gesellschaft für Westfalen und Lippe und beteiligte sich am Stadtmarketing-Prozess – der, davon ist er überzeugt, die Stadt spürbar vorangebracht habe. Was man nicht nur an den vielen Menschen ablesen kann, die als Besucher nach Münster kommen, sondern auch an denen, die als Bewohner bleiben. Wie Werner Bandle, der begeisterte Wahlmünsteraner.
Wolfgang Schemann